Die Aggression beim Pokern
Du floppst Top Pair mit einem mäßigen Kicker. Normalerweise würdest du hier ohne nachzudenken eine Value-Bet machen. Jetzt aber zögerst du. Der Spieler am Button ist äußerst aggressiv und du hast Angst vor einem Raise, sogar etwas Angst vor dem Spieler selbst. Die Macht der Aggression im Poker.
So gut wie alle guten Pokerspieler zeichnen sich durch eine Schlüsseleigenschaft aus: aggressive Spielweise. Aggression ist eines der wichtigsten Elemente im Poker. Zum einen baut man sich dadurch ein vorteilhaftes Tableimage auf, zum anderen hat dies auch einen ganz einfachen mathematischen Hintergrund.
Was versteht man unter Aggression im Poker?
Aggressive Spielweise kennzeichnet sich dadurch aus, dass man die Initiative in einer Hand übernimmt. Dies macht man, indem man selbst setzt, oder aber die Bet eines Gegners erhöht. Im Gegensatz dazu steht die passive Spielweise, wo man zumeist checkt oder aber die Bet eines Gegners nur callt.
Der erste aggressive Spielzug, den die meisten Pokerspieler lernen, ist der, Preflop-Limper in Position zu isolieren. Das bedeutet, hinter einem Spieler der preflop nur callt nicht einfach hinterher zu limpen, sondern zu raisen anstatt zu callen. Damit hast du dir zum einen sehr oft die Position in der Hand gekauft, da die Spieler hinter dir häufig als Reaktion auf deinen Raise folden werden, zum anderen spielst du mit dem Limper sehr oft einen Pot Heads-up in Position, also ein weiterer Vorteil.
Mit passiver Spielweise wird es dir nicht gelingen, mit Poker dauerhafte Gewinne zu erzielen. Du musst also eine aggressive Spielweise lernen. Lernen vor allem auch deshalb, weil der aggressive Spielzug sehr oft nicht jener Spielzug ist, den wir instinktiv machen würden, mathematisch allerdings ist es die richtige Entscheidung. Wir neigen dazu, eher dir passiven Spielzüge vorzuziehen, um den Gegner 'nicht zu verärgern'. Dies hat wahrscheinlich vor allem einen kulturellen Hintergrund, da z.B. in südlicheren Ländern Spieler instinktiv wesentlich aggressiver spielen. Im deutschsprachigen Sprachraum ist der Aggressionstrieb anscheinend durch Erziehung und Konditionierung wesentlich unterdrückter als z.B. in Italien. Dies heißt aber nicht automatisch, dass Italiener die besseren Pokerspieler sind, denn das wichtige am aggressivem Pokerspiel ist die selektive, also strategische Aggression. Italienische Pokerspieler neigen allerdings eher zur blinden Aggression, übernehmen also die Rolle des Maniacs am Tisch. Dieser versucht dann den Tisch mit der Brechstange zu dominieren. Der italienische Spieler ist hier nur als Beispiel gedacht und natürlich sind nicht alle italienischen Spieler aggressive Maniacs. Einen kulturellen Einfluss auf die Pokerspielweise gibt es aber auf alle Fälle. Darüber mehr in einem kommenden Artikel.
Warum ist Aggression so wichtig?
Mit Aggression ist immer die strategische Aggression gemeint, also nicht das blinde Setzen und Raisen eines Maniacs. Selektive und strategische Aggression beeinflusst unser Tableimage und unsere Gegner tendieren dazu, gegen uns etwas passiver zu spielen. Aus einer selbstverständlichen Bet wird dann vielleicht ein Check den wir zu unserem Vorteil nutzen können.
Aggression hat aber ganz klar auch einen mathematischen Vorteil. Indem wir setzen und erhöhen geben wir uns eine weitere Chance den Pot zu gewinnen, nämlich ohne Showdown indem unser Gegner foldet. Dadurch erhöht sich die Equity die wir in einer Hand haben. Die Gesamtequity besteht dann aus der eigentlichen Pot-Equity und der sogenannten Fold-Equity. Dazu kannst du mehr im Artikel Fold-Equity lesen.
'You call this one and it's all over baby.', Scotty Nguyen
Zusammenfassung:
Aggression im Poker ist zumeist keine Eigenschaft die du instinktiv mitbringst. Daher musst du gezielt daran arbeiten, dir einen aggressiven Pokerstil anzueignen. Denke aber immer daran: unter Aggression versteht sich die selektive, strategische Aggression, nicht die Aggression eines Maniacs.
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Poker Profi Artikel - Wann man eine Pokersession beenden sollte